Hochsensibilität ist keine Störung oder Krankheit, sondern eine angeborene Charaktereigenschaft. Etwa 25-30% der Menschen sind hochsensibel. Hochsensible nehmen innere und äußere Veränderungen stärker wahr, sind emotional stärker involviert und denken länger über Ereignisse nach. Hochsensibilität kann zu schneller Reizüberflutung führen. Dies betrifft sowohl die negativen Reize wie zum Beispiel Lärm und Schmerz als auch positive Reize wie schöne Musik oder freudige Ereignisse.
Folgen der Reizüberflutung
Durch die ständige Reizüberflutung fühlen wir hochsensiblen Menschen uns schneller gestresst und erschöpft. Wir brauchen häufiger eine Pause und einen ruhigen Rückzugsort, an dem wir uns erholen können. Laute Klassenräume und hektische Großraumbüros verhindern, dass Hochsensible ihr eigentliches Potential entfalten können. Auch unter größeren Menschenansammlungen fühlen wir uns selten wohl. Wir bevorzugen tiefgreifende Gespräche in kleinen Gesprächsrunden als ermüdenden Small Talk in oberflächlicher Gesellschaft.
Ich bin falsch?!
Viele Hochsensible kennen das Gefühl, sich in ihrer Umgebung falsch zu fühlen. Irgendwie passen wir mit unseren Emotionen und Gedankengängen nicht in diese Welt. Auf Außenstehende wirken wir häufig komisch, ängstlich, depressiv und schüchtern. Insbesondere Kinder, die in einem sehr leistungsorientierten Umfeld groß werden, leiden unter ihrer Hochsensibilität. Sie bekommen Sätze zu hören wie, »Sei doch nicht so sensibel«, »Du musst stark sein«, »Stell Dich nicht so an.«
Dies kann dazu führen, dass sie alles daransetzen ihre vermeidliche Schwäche zu verbergen und nach außen die Rolle einer extrem starken, unerschütterlichen Persönlichkeit spielen. Im Gegensatz zu den ansonsten eher introvertierten Hochsensiblen wirken diese Menschen extrovertiert und sind immer beschäftigt. Sie spielen ihre Rolle mit der Zeit so perfekt, dass sie ihre Sensibilität selber kaum noch spüren und auf andere Menschen unnahbar und unsensibel wirken. Kommen sie allerdings zur Ruhe ergreift sie eine unendliche Einsamkeit und Leere in dem Bewusstsein, die eigene Persönlichkeit verleugnen zu müssen. Ihr Verhalten führt dazu, dass sie ständig über ihre psychischen und körperlichen Grenzen gehen, was schwere gesundheitliche Folgen haben kann, wie ich selber schmerzlich feststellen durfte.
Sensibler Körper
Der Körper von uns Hochsensiblen hat sehr feinfühlige Antennen. Teilweise wird Schmerz intensiver wahrgenommen, aber auch die Reaktion auf Lebensmittel, Alkohol, Medikamente und Umweltgifte kann heftiger ausfallen. Viele Hochsensible reagieren auf Wetterumschwünge mit Kopfschmerzen, Müdigkeit und allgemeinem Unwohlsein. Wir brauchen einen regelmäßigen und gesunden Biorhythmus mit ausreichend Schlaf, dann können wir uns auch an einem stabilen Körper erfreuen. Grundsätzlich sind Hochsensible nicht anfälliger für Krebs oder andere Krankheiten als andere Menschen auch, wenn sie die Signale und Bedürfnisse ihres Körpers ernst nehmen. Eigentlich haben Hochsensible ein sehr gutes Gespür für ihren Körper. Leider übergehen sie die Warnsignale häufig, weil sie von ihrer Umgebung nicht als schwach oder langweilige Spaßbremse wahrgenommen werden wollen.
Hochsensibilität als Chance
Die Vorzüge von uns Hochsensiblen werden in unserer immer oberflächlicheren Leistungsgesellschaft vollkommen unterschätzt. Unsere sehr empathische, kreative und innovative Art wäre in vielen Bereichen unserer Gesellschaft eine große Bereicherung. Unsere Fähigkeit Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und unkonventionelle Lösungen zu entwickeln, ist eine wertvolle Ressource. Aufgrund unseres hohen Gerechtigkeitssinnes und unserer Gabe uns in andere Menschen hineinzuversetzen pflegen wir Hochsensiblen in der Regel einen respektvollen Umgang mit unseren Mitmenschen. Mobbing und unfairer Konkurrenzkampf sind uns fremd. Unseren Freunden und Familie stehen wir als liebevolle Ratgeber zur Seite und vergessen dabei leider manchmal unsere eigenen Bedürfnisse.